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10 November

01.11.10   Der Tag gestern morgen begann so. Ich hoffe darauf, dass der ganze Monat auch so rosig für mich wird.



Dieser Kaktus lebt mit mir seit über 25 Jahren und blüht, egal ob mehr oder weniger gepflegt, jedes Jahr. Es wäre schön, wenn Ehe- und Liebesbeziehungen auch so pflegeleicht und dauerhaft wären.
Ich habe das Gefühl, seitdem ich Apichatpong Weerasethakul-Filme sehe, werden meine Moana-Tagebuch-Texte verrückter.
Vielleicht auch schon mein nächster Film, denn das Drehbuch für "INS BLAUE" muss ich nochmal ganz neu schreiben. Seine Filme verändern meinen Blick auf das, was bisher für mich "Kino" war. Bisher war mein Blick geprägt durch die Filme von Godard, Ozu und Howard Hawks. Ich bin zwar 30 Jahre älter als er und habe 20 Filme mehr gemacht, aber was dieser junge Mann aus Thailand macht, fasziniert mich total.
02.11.10  

In Berlin heute kriege ich eine gute und eine schlechte Nachricht. Zuerst die gute Nachricht. Arthaus/Kinowelt wird in 2011 drei Filme von mir als DVD veröffentlichen: "BERLIN CHAMISSOPLATZ", "DER PHILOSOPH" und "DU HAST GESAGT, DASS DU MICH LIEBST". Die schlechte Nachricht ist nicht ganz so schlecht. Vier Tage nach der Teampremiere von "DAS ROTE ZIMMER" wird mein rechtes Knie operiert. Mein Orthopäde, zu dem ich großes Vertrauen habe, sagte, er müsse in meinem Kniegelenk mal "richtig aufräumen", sonst könnte demnächst eine Prothese nötig werden. Damit meint er vermutlich ein künstliches Kniegelenk. Aber soweit sei es noch nicht, der Knorpel sei noch überall vorhanden.

03.11.10  

"Rudolf Thome qualifiziert sich als polyamouröser Philematologe…
…Wenn Hans Hurch doch die eine oder andere nicht-österreichische Premiere nach Wien holt, dann sind das Filme, die ihm und dem Festival besonders am Herzen liegen. Rudolf Thome, dessen letzte Regiearbeit Pink auf der Berlinale 2009 unverständlicherweise in einer Nebensektion verklappt wurde, ist Stammgast der Viennale und bekam für sein neues Werk Das rote Zimmer dieses Jahr die Aufmerksamkeit, die er und der Film verdienen.
Das rote Zimmer ist eine Variation von Themen und Motiven, die Thome bereits seit seinen filmischen Anfängen in den sechziger Jahren umtreiben. Ein weiterer Versuch in Polyamorie, eine weitere Liebesutopie, ein weiterer Versuchsaufbau: Ein Mann, zwei Frauen, ein Haus auf dem Land. Tigerstreifenbaby wartet auf Tarzan aus dem Jahr 1998 hatte exakt dieselbe Ausgangsposition, ein gefühltes Dutzend weiterer Thome-Filme eine, die sich höchstens in Nuancen unterschied. Aber die unterschiedlichen Aktualisierungen des Thome-Universums fühlen sich immer wieder anders und frisch an. Und auf ihre Art immer wieder auch sehr zeitgemäß: Kaum ein Regisseur begleitete die Computerrevolution der achtziger Jahre so konsequent wie Thome (siehe zum Beispiel System ohne Schatten, 1983), im neuen Film kann man ein wissenschaftliches Papier zu physikalischen Vorgängen während des Küssens bewundern.
Ein Kussforscher (= ein Philematologe) steht denn auch im Zentrum des Films. Die beiden Frauen, auf die er trifft, erforschen lieber Gefühle, auch sie erstellen Fragebögen und am Ende formulieren sie Verträge. Das Forschen, Verhandeln und Formalisieren steht der Liebe nicht im Weg, im Gegenteil. Luzie, die eine Frau, schreibt Romane, sie ist es, die Fred findet und in das gemeinsame Landhaus einführt. "Ich werde Dich lieben, bis ich sterbe", sagt sie. Sibil, die andere, jüngere Frau, ist erst sehr herrisch, als Fred dann aber mit verbundenen Augen in Richtung rotes Zimmer geführt wird, hebt sie sanft die Äste eines Baumes, damit die ihm nicht ins Gesicht geraten. Seyneb Saleh, die Sibil wundervoll unbefangen spielt, ist eine Entdeckung."
Abschlussbericht zur Viennale von Lukas Foerster auf "Perlentaucher" (LINK)

Ich musste in der Wikipedia nachlesen, was das Wort "Polyamorie" (LINK) eigentlich bedeutet und war erstaunt, wie liebevoll und umfangreich der Artikel dazu dort ausgefallen ist.



Draußen regnet es, also schaue ich mir Filme an. Angeregt durch die Viennale-Kritik von Ekkehard Knörer in CARGO über "Ha ha ha", besorge ich mir "Turning Gate" von Hong Sang-hoo und bin nach wenigen Minuten fassungslos, dass ich von diesem Regisseur aus Südkorea noch nie etwas gehört habe, denn das sehe ich sofort, er ist ein Bruder im Geiste. Lange Einstellungen, wenig Schnitte, viele Totalen. Und immer habe ich das Gefühl, der Mann weiß bei jeder einzelnen Einstellung genau, was er tut. Da ist nichts, wie bei mindestens 95 Prozent aller Filme (soweit ich die kenne) beliebig. Aber vor allem gibt es da unglaublich einfache Dialoge, die mich sofort an die Dialoge in den Romanen von Haruki Murakami erinnern. Manche davon, könnten aus meinen Filmen sein. Morgen schaue ich mir von ihm "Woman on the Beach" an. Und auf "Woman is the Future of Man", allein schon wegen des Titels, bin ich noch mehr gespannt. Ich glaube, ich habe die letzte verfügbare DVD-Kassette mit drei Filmen von ihm bei Amazon bestellt.

04.11.10   Ich verbringe meine Tage und Nächte inzwischen mit den Filmen von Hong Sang-hoo. Inzwischen habe ich schon drei Filme von ihm gesehen. Ich gehe nur noch aus dem Haus, um Wein zu kaufen, denn in seinen Filmen wird ja auch unendlich viel getrunken.

Das schrieb der Viennaledirektor Hans Hurch im letzten Jahr über "PINK": "Würde man als unschuldig Unwissender die Erde vom Weltall aus beobachten, so sagt Sigmund Freud sinngemäß, wäre die erstaunlichste Erkenntnis, dass es zwei Arten von Erdbewohnern gibt: Männer und Frauen. Von diesem Erstaunen könnte man sagen, handeln seit über vierzig Jahren auf liebevolle, verweifelte, kindische und eigensinnige Weise die Filme von Rudolf Thome". Daran erinnert mich der Dialogtext aus "Woman on the Beach"..

aus "Woman on the Beach" (2006)



aus "Virgin Stripped Bare by her Bachelors" (2000) zeigt die endlosen Bemühungen eines Mannes, mit einer Frau richtigen Sex zu haben. Er darf ihre Brust berühren und küssen, mehr nicht. Während er sich vorher duscht, zieht sie den BH aus, damit er bei den von ihr erlaubten Zärtlichkeiten nicht im Wege ist. Mein Gott sowas habe ich noch nie im Kino gesehen. Auch dieses Szene könnte von Haruki Murakami geschrieben sein. Sie ist direkt, naiv und voller Unschuld.
05.11.10  
Auf dem Weg zu meiner Zahnärztin im Wedding entdecke ich dies Automatencasino. Ein Ort auf einem anderen Stern.
Danach fahre ich auf den Bauernhof, um neue Filme von Hong Sang-soo aus meiner dortigen Packstation abzuholen.

"Woman is the Future of Man" werde ich mir heute noch anschauen.
06.11.10  
Damit mir beim Anschauen von "Woman is the Future of Man" schneller warm wird, mache ich erstmal ein Feuer im Ofen.

Schon wieder ist die Hauptfigur ein Filmregisseur. Im Restaurant erklärt er das der Bedienung, und dass er sie gerne für einen Film haben möchte. Sie sagt nein und geht weg…

…durch das Fenster auf der anderen Straßenseite entdeckt der Regisseur eine andere Frau. Als sie seinen Blick bemerkt, macht sie eine winzige, spielerische Beinbewegung. Ich denke, er wird sofort auf die Straße rennen und ihr dasselbe sagen. Das macht er nicht. Das hätte jeder deutsche Regisseur getan. Es ist ein wunderbares Spiel mit den Erwartungen des Zuschauers.

Ein Mädchen, das vergewaltigt worden ist, wird von ihm liebevoll geduscht…

Danach schläft er mit ihr und erklärt ihr, dass sie dadurch wieder ganz "sauber" wird. Ich liebe diesen Film. Ich hätte nie gedacht, dass mich die Arbeit eines anderen Regisseurs noch einmal so begeistern könnte. Wenn ich dreißig Jahre jünger und reicher wäre, würde ich sofort alles unternehmen, um diesen Film mit meinem Prometheus Filmverleih in Deutschland ins Kino zu bringen.
07.11.10  
Gestern hat's den ganzen Tag geregnet. Heute ist es ganz und gar neblig. Ich habe mich um die Außenwelt nicht mehr gekümmert und von Hong Sang-soo "Like You Know it All" angeschaut, dabei eine Flasche "Blauen Zweigelt" aus Österreich getrunken und bin dabei fast in ein Delirium gefallen. Dieser Film ist zum Weinen schön!

Ein "berühmter" Filmregisseur kommt als Jurymitglied zu einem südkoreanischen Filmfestival und trifft dort Kollegen, Kritiker und vor allem viele Frauen.

Das sagt ihm ein Kollege.

Das sagt eine der Frauen.


Diese Frau wurde vergewaltigt, weil er nach einem Saufgelage früh gegangen ist. Der Regisseur entschließt sich zurück nach Seoul zu fahren. Er lässt sich die Filme als DVD's nachschicken. Da man zweimal sieht, dass die meisten Jurymitglieder in den Vorführungen im Kino schlafen, ist das eine gute Lösung. So denkt er.

Im zweiten Teil des Films soll er vor der Filmklasse einer Universität einen Vortrag halten.

Er schaut sich seinen Film nicht an, sondern raucht vor dem Gebäude eine Zigarette. Natürlich kommt sofort eine Studentin. Sie sagt, dass sie seinen Film schon zweimal gesehen hat.

Nach der Filmvorführung stellen die Studenten Fragen……



…und der Regisseur antwortet.

Danach ein "gemütliches Beisammensein" wo alle männliche Studenten mit ihm Armdrücken machen wollen. Er gewinnt dreimal. Dann kommt ein doppelt so alter Mann, und der besiegt ihn.
Der Schlussteil des Films ist unendlich schön und traurig zugleich. Auf der Insel, wo die Universität liegt, wohnt ein alter Maler, der ihm als Student den Rat gegeben hat, nicht Maler, sondern Filmregisseur zu werden.

Mein Gott so etwas habe ich auch erlebt. Mein Mathematiklehrer hat mir nach dem Abitur geraten, nicht Physiker zu werden, dazu hätte ich zu wenig Phantasie, sondern Künstler. Ich glaube in irgendeinem meiner Filme, lasse ich das Hannelore Elsner sagen.

Dieser alte Maler hat vor zwei Jahren eine junge Frau geheiratet. Und das ist das Mädchen, in das sich der Regisseur als Student verliebt hatte. Er wollte sie heiraten, und sie hat nein gesagt.
Sie hat danach kurz hintereinder drei Männer - so wie in "PINK" - ausprobiert und ist mit keinem glücklich geworden.


08.11.10   Gestern habe ich meinen sechsten Film von Hong Sang-soo gesehen: "Tale of Cinema" (2005). Er beginnt als Film im Film. Das merkt man allerdings erst später. Der Filmstil ist allerdings anders als der des "eigentlichen" Films. Ungewöhnliche Schwenks und vor allem eine innerer Monolog des männlichen Darstellers. Der ist wieder mal ein Filmregisseur.

Er trifft ein junges Mädchen, das er seit zwei Jahren nicht gesehen hat. Sie verabreden sich für den Abend. Das heißt sie essen zusammen und trinken viel.

Danach liegen die beiden im Bett, beschließen gemeinsam zu sterben und kaufen jede Menge Schlaftabletten. Warum bleibt offen… Das Mädchem muss sich übergeben. Sie ruft vom Handy des Mannes aus seine Eltern an und sein Vater bringt ihn ins Krankenhaus. Danach beginnt der eigentliche Film. Mit einer Retrospektive des Regisseurs im ersten Film und einer Zusammenkunft seiner Freunde und Mitarbeiter, die für die Krankenhauskosten Geld sammeln.

Da ist vor allem die Hauptdarstellerin des ersten Regisseurs. Sie ist ein großer Star. Der Regisseur des zweiten Films will sie sofort auch haben. Sie reagiert zunächst zurückhaltend, geht aber schließlich mit ihm essen und trinken…

…sie hat zuviel getrunken und ihr wird draußen auf der Straße schlecht. Er kümmert sich um sie und…

…dann liegen sie nackt im Bett. Er scheint sich von den körperlichen Einzelheiten eines Filmstars Ungewöhnlicheres versprochen zu haben.

Der Regisseur im Krankenhaus, bei dem sie gespielt hat, wird von beiden abwechselnd besucht. Beide Regisseure weinen und wirken ziemlich jämmerlich. Der Filmstar bleibt als einzige Person im Film moralisch unantastbar und souverän.
09.11.10   Früh am Morgen wird mir Blut abgenommen (wie den Probanden in "DAS ROTE ZIMMER"), ein EKG gemacht, mein Lungenvolumen getestet - alles für die Knieoperation am Mittwoch in einer Woche. Dann warte ich zum vierten Mal auf den Telekomtechniker, der wieder nicht auftaucht und tue dann das, was ich schon in den letzten Tagen getan habe: ich sehe einen weiteren Film von Hong Sang-soo "Night and Day". Er verzaubert mich wie die Filme, die ich vorher gesehen habe. Es ist eine Art Tagebuch mit Datumseinblendungen und ab und zu innerem Monolog eines ca. 40jährigen Malers, der von Seoul nach Paris geflohen ist. Er trifft dort auf drei Frauen. Das erzähle ich morgen früh mit Bildern genauer.
Jetzt habe ich die in Deutschland erschienenen Kritiken dazu gelesen, denn "Night and Day" lief auf der Berlinale 2008 im Wettbewerb, und ich bin schockiert über das totale Unverständnis der deutschen Kritiker (LINK). Sie können das, was an diesem Film so wunderbar ist - die lakonische und ironische Erzählung - nicht einmal ansatzweise wahrnehmen. Da sie nicht das sehen, was sie sehen wollen, sehen sie gar nichts. Die Erzählweise eines Film wahrzunehmen, ist scheinbar der Mehrzahl der Filmkritiker in Deutschland nicht möglich.
Übrigens. Gestern war ich im "Bücherbogen" am Savignyplatz und habe mir das Novemberheft von epdFilm gekauft und auch das neueste "Cahiers du Cinéma". Als ich bezahlt hatte, kam mir die Idee, ob da auch das Thomebuch ausliegt, habe überall rumgeschaut. Es war nicht da. Da sagte der Verkäufer: es ist verkauft, wir haben es neu bestellt. Das war ein Schock, denn ich habe nicht mit einer Kreditkarte bezahlt, auf der mein Name steht.
In den 70er und 80er Jahren waren die Kinos bei meinen Filmen öfters ausverkauft. In den letzten 10 Jahren nie. Damals hätte mich eine solche Reaktion nicht gewundert. Aber jetzt heute wundere ich mich darüber.
Am Nachmittag war Ekkehard Knörer bei mir. Wir haben viel über die Zuschauerzahlen von Thomas Arslans Fim "Im Schatten" und über Weerasetakuls "Uncle Boonme…" gesprochen und vor allem über ein Videointerview, das er für "CARGO" mit mir Anfang Dezember machen will. Das Gespräch war so interessant, dass ich völlig vergessen habe, ein Foto zu machen.
10.11.10  
Die erste Frau, auf die der Maler trifft, will nichts von ihm wissen, denn sie kennt ihn von früher. Jetzt ist sie mit einem Franzosen verheiratet…

…aber dann besucht sie ihn und will mit ihm schlafen. Der Maler findet das nicht gut.

Zwei weitere Frauen, die zusammen in einem Apartment wohnen, tauchen auf. Übrigens kann man auch in Paris Soju (das sind diese grünen Flaschen) trinken.

Mit der etwas älteren Frau besucht er ein Museum, und der Maler bleibt fasziniert vor diesem berühmten Bild von Courbet stehen "L'origine du monde" (1866 gemalt, aber 1988 zum erstenmal öffentlich ausgestellt).



Jede Nacht telefoniert der Maler mit seiner Frau in Seoul.

So sehen die Zwischentitel aus, die die Erzählung oft abrupt unterbrechen.

Mit beiden Frauen, die sich ununterbrochen streiten, fährt der Maler ans Meer nach Deauville.

Die jüngere versucht den Maler mit Händchenhalten auf ihre Seite zu ziehen

Hier habe ich den Überblick verloren. Da bei Hong Sang-soo grundsätzlich jeder Held jede Frau liebt, vermute ich, dass es die ältere der beiden Frauen, mit der er am Anfang im Museum war, ist.

Das ist auf jeden Fall die jüngere und frechere Frau…





Sie hat, sagt sie, gerade ihre "gefährlichen" Tage. Der Maler tut, was sie sagt, geht in eine Drogerie, aber im Geschäft sind zu viele Frauen…

…ganz offensichtlich hat sie doch noch mit ihm ohne Condom geschlafen.

Die Frau des Malers in Seoul sagt ihm, dass sie schwanger ist. Er entschließt sich, mit der nächsten Maschine zurückzufliegen…

…seiner jungen Pariser Freundin hat er offensichtlich erzählt, dass seine Mutter todkrank ist.

In Seoul gesteht ihm seine Ehefrau, dass sie gelogen hat, um ihn zurückzuholen.

In der letzten Szene liegt der Maler mit seiner Frau im Bett, und die Kamera schwenkt nach oben auf ein Bild, das über dem Bett hängt. Auf dem Bild sind nur Wolken.
    Der Kinostart von "DAS ROTE ZIMMER" ist am 13. Januar 2011. Da wird meine Tochter Joya, die bis dahin hoffentlich ihren 3. Film fertig hat, 21 Jahre alt.
12.11.10   Ich habe mir "Woman is the Future of Man" zum zweiten Mal angeschaut und viel mehr verstanden als beim ersten Mal. Bei richtig guten Filmen sollte sowas eigentlich normal sein. Aber wer macht sich schon soviel Mühe. Das geht nur, wenn man sich in einen Liebhaber verwandelt. Heute den ganzen Tag über konzentriere ich mich auf die Team-Premiere von "DAS ROTE ZIMMER". Die Kopie ist im Kino angekommen. Der Prosecco auch. Ich kann nur beten, dass die Projektion der 35mm-Filmkopie im Delphi-Kino besser ist als die im Arsenal-Kino. Optimal wäre es, wenn sie so gut ist wie im Stadtkino in Wien.
Mit meinem Hong Sang-soo Abenteuer geht es erst nächste Woche nach meiner Knieoperation weiter, denn da darf ich mich zwei Tage lang nur wenig bewegen.
13.11.10   Eine lange nächtliche email versetzt mich fast in Extase. Ich fühle mich beim Lesen beinahe so wie beim Sehen eines Hong Sang-soo Films.
Da ich morgen 71 Jahre alt werde, habe ich mir selbst ein Geburtstagsgeschenk gemacht.

Ein externer Monitor für meinen Laptop. Jetzt kann ich endlich eingehende Emails sofort sehen.
14.11.10   Fotos von der Teampremiere.





























Wenn ich den Erfolg einer Team-Premiere am Verbrauch von Prosecco-Flaschen messe, war die Team-Premiere von "DAS ROTE ZIMMER" kein Erfolg. Vierzig Flaschen waren in den letzten Jahren normal. Diesmal waren es nur achtzehn Flaschen. Auch gelacht wurde längst nicht so viel wie bei den beiden Vorstellungen auf der Viennale.
15.11.10   Mein Sohn Nicolai, der ein professioneller Angler ist, erklärt mir eine halbe Stunde lang beim abendlichen Geburtstagsessen, wieviel besser die Angelszene in "DAS ROTE ZIMMER" geworden wäre, wenn er dabei gewesen wäre.



Meine Tochter Joya hatte ein bisschen gehofft, dass sie auf dem Dokumentarfilmfestival in Kassel einen Preis für ihren zweiten Kurzfilm "Hätte der Mond auch Schokolade geweint?"(LINK) kriegt. Da sie keinen Anruf aus Kassel bekam, hatte ich das Glück, mit ihr meinen Geburtstag feiern zu können. Heute beginnt sie mit dem Schnitt ihres dritten Kurzfilms, dessen Titel ich noch nicht kenne.
Das Filmplakat zu "DAS ROTE ZIMMER" ist fertig. Verchiedene Gründe haben mich dazu bewogen, einen völlig neuen Entwurf machen zu lassen. Dieses Plakat hat Katja Clos gemacht. Ich bin sehr glücklich damit.
16.11.10   Heute hat Ute Adamczewski mir die Überarbeitung der Moana-Website geschickt. "DAS ROTE ZIMMER" ist nun dreisprachig in den Filmografie-Teil integriert. Damit meine Leser sich schnell zurechtfinden, habe ich auf der Blogseite einen Link dazu gemacht. Das neue Plakat kommt sehr gut bei meinen Lesern an.
17.11.10  
Heute morgen, eine halbe Stunde vor der Knie-OP. Da ich dieses Foto ins Netz stellen kann, habe ich überlebt. Ich fühle mich sogar pudelwohl.
18.11.10   Nach meiner Knie-OP mache ich weiter mit meiner privaten Hong Sang-soo-Retrosepektive. Jetzt habe ich "The Day a Pig Fell into the Well", seinen ersten Film, gesehen. Er ist bewusst komplexer erzählt. Es gibt ungewöhnliche Einstellungen. Mir scheint, er will mit diesem Film auffallen.

Das ist der Held des Films. Von Held zu sprechen ist allerdings ein Euphemismus. Der Kerl ist in jeder Hinsicht mickrig. Als Schrifsteller ist er erfolglos. Er hat Liebesgeschichten mit zwei Frauen, die er schlecht behandelt. Er gerät mit seinen Kollegen in Streit und wird gewalttätig.

Diese Frau ist verheiratet, schläft aber nicht mehr mit ihrem Mann, der auch nicht viel besser ist.

Es gibt zwei Liebeszenen, die in einer Totalen von oben gefilmt werden.

Bei diesem Trinkgelage entsteht ein Streit und…

…und der wütende Schriftsteller bedroht seine Kollegen mit einer Flasche, der er den Hals abgebrochen hat.

Dafür steht er dann vor Gericht.

Und sucht Trost bei einer der Frauen. Ich weiß nicht mehr welche. Ich nehme an, es ist die untreue Ehefrau vom Anfang.

Der Ehemann vergnügt sich auf einer Geschäftsreise mit einer Prostituierten. Mein Gott, da muss ich an den Anfang von "DAS ROTE ZIMMER" denken. Er sagt, dass er sich nur mit ihr unterhalten will, aber sie kommt schnell und extrem professionell zur Sache.

Der ganze Vorgang dauert kaum eine Minute.

Nach dem Sex verschwindet sie sofort ins Bad, und als er das Malheur entdeckt, rennt er hinterher, reißt ihr die Dusche aus der Hand, um sich zu waschen. Als ob das etwas helfen würde. Sie muss darüber laut lachen.

Die junge Geliebte des Schrifstellers macht alle möglichen Jobs, um Geld zu verdienen. Am Anfang des Films liest sie auch seinen Roman und ist über das traurige Ende traurig.

Nach zwei Weckrufen macht sie Liegestützen.

Außerdem verkauft sie Karten an einer Kinokasse…

…und macht für einen Zeichentrickporno Stöhngeräusche.

Die untreue Ehefrau hat einen Kuchen und Geburtstagskerzen für den Schrifsteller gekauft und kommt unangemeldet in seine Wohnung. Er will sie nicht reinlassen, denn drinnen ist das junge Mädchen.

Im ganzen Film gibt es dreimal Unterbrechungen durch Schwarzfilm. Danach kommt immer eine extreme Großaufnahme so wie hier. Um den Film zu verstehen, muss man ihn mit Sicherheit dreimal sehen. Jetzt mal wieder was Privates.

KnieOP from Rudolf Thome on Vimeo.
Ich finde, eine Knieoperation ist, wenn ich mir diesen Film anschaue, eine ziemlich erotische Angelegenheit. Dr. Thiele, der sie gemacht hat, ist ein unglaublicher Kinofan. Er hat das aufgenommen mit dem Hinweis, dass ich seine Aufnahme einmal in einem künftigen Film verwenden könnte. Sollte ich das machen, wissen die Moana-Tagebuchleser, wie es dazu gekommen ist.
Ich habe heute den ganzen Vormittag wieder mit Hong Sang-soo verbracht, der in seinen Interviews sagt, dass in seinen Filmen nichts Autobiographisches ist: Sollte ich ihn mal kennenlernen, würde ich gerne mit ihm darüber reden.

19.11.10  

Also gestern habe ich den halben Tag damit verbracht, "The Power of Kangwon Province" von Hong Sang-soo zu sehen. Das ist optisch sicher einer seiner schönsten Filme, aber nicht leicht zu verstehen. Hong erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens, die in einen verheirateten Mann verliebt war und die Geschichte des verheirateten Mannes, der Professor werden möchte. Beide Geschichten passieren gleichzeitig und an denselben Schauplätzen, werden aber hintereinander erzählt.

Die Heldin, die auf verheiratete Männer steht am Bahnhof.

Mit ihren beiden Freundinnen am Strand.

Sie erzählt von dem Mann, den sie geliebt hat

und liest in einem Buch

sie fotografieren sich

Der Mann im Hintergrund ist ein Polizist und auch verheiratet

Sie fährt später allein nochmal von Seoul nach Kangwon, um den verheirateten Polizisten zu treffen

Aber das geht schief. Sie fallen beide betrunken ins Bett. Es passiert noch mehr. Das wird erst am Ende des Films klar. Da gibt es sozusagen ein Finale, bei dem beide Geschichten zusammenkommen.

Der verheiratete Mann rechts möchte Professor werden. Der Mann links ist es schon.

Er unterstützt sein Bewerbungsgespräch mit einer Flasche Whisky.



und gibt hier seine Bewerbungsunterlagen ab.

Die beiden Freunde fahren, wie die drei Mädchen mit dem Zug nach Kangwon

steigen auf einen Berggipfel

betrachten das ganze Gebirge auf einer Wandtafel

Und besuchen am Abend einen Nightclub

essen und trinken mit zwei russischen Prostituierten

sind danach aber ziemlich müde





Nach dem Sex geht der künftige Professor auf den Balkon und raucht eine Zigarette.



Zurück in Seoul unterhält er sich mit seinen Kollegen…
Was Hong Sang-soo erzählt ist eigentlich unendlich traurig, aber er erzählt es wunderschön. Wenn er die beiden Geschichten unterschnitten hätte, wie das normal ist beim Erzählen eines Films, würde man immer wieder aus der jeweiligen Geschichte unsanft rausgerissen. Hong Sang-soo ist ein sanfter Regisseur.

Ich denke, die Moana-Tagebuchleser haben die Nase voll von Hong Sang-soo Filmbildern. Seine beiden letzten Filme sind im DHL-Nirwana verschwunden. Alle anderen habe ich jetzt gesehen. Ich bin heute zum erstenmal nach meiner Knie-OP auf die Straße zum Postamt gelaufen, um die DVD's dort abzuholen. Sie waren nicht auffindbar. Morgen muss ich einen Text für CARGO über die letzten fünf Filme, die ich gesehen habe, schreiben. Den veröffentliche ich hier nicht. Wer sich dafür interessiert, muss die nächste CARGO-Ausgabe kaufen. Ich bedanke mich bei Ekkehard Knörer für diesen (vermutlich unbezahlten) Job, aber werde mich anstrengen, es so gut wie möglich zu machen.
Noch was zu den Bildern, die ich von den neun Filmen von Hong Sang-hoo gemacht habe: ich bin durch sie hindurch spaziert, als wären sie Wirklichkeit. So wie im Januar und April durch Kairo. Beide "Spaziergänge" waren für mich total aufregend: die Entdeckung einer anderen Welt.
Ein paar Stunden später. Nach über einem Monat schafft es Vodafone mit Hilfe des Telekom-Cheftechnikers meinen Uralt-Telefonanschluss 691 70 77, der bei "DAS ROTE ZIMMER" das Produktionstelefon war, wieder in Betrieb zu nehmen. Weil die Nummer soviele “7" hat und ich sie seit fast 30 Jahren habe, möchte ich sie nicht aufgeben.Aber sie ist eher eine private Telefonnummer.

20.11.10  
Mein Text für "CARGO" zu den letzten fünf Filmen, die ich gesehen habe, ist fertig. Jetzt muss ich nur noch ein Foto dafür auswählen. Alle drei sind bei den Dreharbeiten von "DAS ROTE ZIMMER" entstanden. Auf dem vom letzten Drehtag schaue ich ziemlich grimmig drein. Irgendwie gefällt mir das am besten, denn ich war sehr oft grimmig beim Drehen.
Ein Email-Feedback aus Amerika zu "DAS ROTE ZIMMER" vertreibt alle meine grimmigen Gedanken: " It is the best work you have ever done."
21.11.10  

Im Wartezimmer meines Orthopäden entdeckte ich gestern im "Zeit"-Feuilleton eine ganze Seite zum 75. Geburtstag von Woody Allen. Da wurden zehn Filme von ihm mit Kurzkritiken vorgestellt. An erster Stelle stand "Vicky, Cristina, Barcelona". Da mich beim Publikumsgespräch auf der Viennale jemand gefragt hat, ob ich diesen Film vor dem Drehbuchschreiben gesehen habe, bin ich neugierig geworden und habe mir die DVD besorgt. Wenn man so will, gibt's da schon Parallelen. Die Geschichte ist toll, die vier Hauptdarsteller sind auch alle toll. Nur wie Woody Allen die Geschichte erzählt, ist gar nicht aufregend. Ich habe mir immer wieder überlegt, wie Hong Sang-soo sie erzählt hätte. Bei ihm wäre daraus Kino geworden, bei Woody Allen leider nicht. Kino entsteht nicht nur aus einer guten Geschichte und guten Schauspielern. -
Etwas später.
Ich will noch etwas zu meinem Lesen des "ZEIT"-Feuilletons am Samstag sagen. Früher habe ich mir jede Woche die "Zeit" gekauft, aber seit Katja Nicodemus da Filmredakteurin geworden ist und da über das, was ich mache, seit "FRAU FÄHRT, MANN SCHLÄFT" alles beharrlich ignoriert (über "ROT UND BLAU" hat sie 2003 noch geschrieben), kaufe ich die "Zeit" nicht mehr.
Ich habe Katja Nicodemus immer wieder beharrlich eingeladen zu Teampremieren und zu Pressevorstellungen, habe ihr DVD's geschickt, aber sie kommt nicht zu den Filmen und schreibt auch nicht darüber. 1992 habe ich mit ihr und Anke Leweke ein zweistündiges Radiointerview zu "DIE SONNENGÖTTIN" in irgendeinem Senderstudio in Babelsberg gemacht. Über "TIGERSTREIFENBABY WARTET AUF TARZAN" hat sie 1998 eine enthusiastische Kritik im Berliner "TIP" geschrieben.
Um in die Teampremiere zu "PARADISO" reinzukommen, hat sie mir eine email geschrieben, dass sie ein "Fan" meiner Filme sei. Ich habe gesagt: kein Problem. Sie war da und hat dann, inzwischen bei der TAZ, 2001 darüber geschrieben.
Filmgeschichte ist nicht nur die Geschichte von Regisseuren, die Filme machen, sondern auch eine Geschichte von Regisseuren und Filmkritikern. Deshalb habe ich die Katja Nicodemus-Geschichte ein bisschen ausführlicher erzählt. Wenn ich nicht selbst 25 Jahre lang Filmkritiker gewesen wäre und mit den "Cahiers du Cinéma" - da haben damals Godard, Rohmer, Rivette, Truffaut, Chabrol über die jeweils neuen Filme geschrieben - und ihrer "Politique des Auteurs" aufgewachsen wäre, würde mich das alles nicht so sehr berühren.
Gerade, nachdem ich neun Filme von Hong Sang-soo gesehen habe, weiß ich das das, was die damaligen Filmkritiker in Frankreich für sich festgestellt und immer bei ihren Kritiken beherzigt haben, richtig ist. Auch um gute Filmkritiken zu schreiben, die auch viele Jahre später noch bestehen, braucht es wie beim Drehen eines Films, Leidenschaft. Kein Wunder, dass sie später alle Regisseure geworden sind.

22.11.10  
Alle Bäume sind kahl. Auch die 100 Jahre alte Eiche hinter dem Schuppen. Die Wasserpumpe für meinen Gartenbrunnen ist geleert. Jetzt darf es schneien und richtig kalt werden. Laut Wettervorhersage für Dahme wird es in der nächsten Woche an mehreren Tagen bis zu Minus 13 Grad kalt. Am Mittwoch kriegt mein Auto wieder Winterreifen. Dann darf es auch ruhig wieder schneien, und ich kann wegen meines Knies vielleicht kurze Schneespaziergänge machen. Ich sitze im Haus und brenne DVD's meiner alten Filme für Ekkehard Knörer, der bevor wir das Video-Interview im Dezember machen, alle meine Filme gesehen haben will.
Gegen Abend kriege ich eine Email von meinem letzten Weltvertrieb. Er sieht keinerlei Marktchancen für "DAS ROTE ZIMMER", denn ohne eine Teilnahme am Wettbewerb eines der großen Festivals, kauft niemand mehr einen deutschen Film, sagt er. Ich sehe, mit meiner Teilnahme an der Viennale, habe ich mir alle Möglichkeiten, den Film ins Ausland zu verkaufen, verbaut. Naja, jetzt muss ich auch den Weltvertrieb wieder alleine machen. So wie früher auch, vor "PARADISO. Ich habe eine englisch untertitelte Kopie und kann den Film nicht mal dem "Forum" auf der Berlinale anbieten, weil auch die jetzt, seit Ulrich Gregor weg ist, keine Filme mehr zeigen, die vorher auf einem anderen Festival gelaufen sind. Ich weiß, dass Toronto gut wäre oder Pusan in Südkorea. Da wollte ich immer schon hin und jetzt wo ich Hong Sang-soo für mich entdeckt habe, noch viel mehr.
23.11.10  

So ganz ohne Weltvertrieb wie es gestern ausgesehen hat, bin ich inzwischen doch nicht. Aktis Film International wird "DAS ROTE ZIMMER" ausgewählten Interessenten in ausgewählten Regionen nun doch anbieten. Dabei lerne ich, dass mein Film in die Kategorie "erotic arthouse" gehört. Darüber wundere ich mich schon ein bisschen.

Ich habe mir endlich im Bauernhof einen neuen Herd gegönnt: oben Gas und unten Elektro. Das ist mein Weihnachtsgeschenk. In Zukunft werde ich mir nicht mehr im Backofen die Finger verbrennen und daher länger leben. Es ist kein Luxusteil, aber alles, was ich wollte, ist da. Die Fliesen auf dem Küchenboden sind übrigens uralte Meißener Fliesen. Ich liebe meine Bauernhofküche und finde, dass sie perfekt zu mir und meinen Filmen passt.
Ich wollte es heute noch mal ganz genau wissen und hatte sogar einen Funken Hofnung: Christoph Terhechte, der Forumschef, hat mir gerade definitiv bestätigt, dass auch das Berlinale-Forum keine deutschen Filme zeigt, die woanders gelaufen sind. Dann habe ich ihn nach Hong Sang-soo gefragt und er hat gesagt, dass er sie alle kennt und auch gut findet. Nur "Oki's Movie" kennt er noch nicht.
Ich bin frustriert. Nicht mal in der bisherigen "Deutschen Reihe" von Heinz Badewitz kann "DAS ROTE ZIMMER" laufen. Da laufen ab 2011 die Filme der vorausgewählten (das heißt jetzt short list) Filme der Deutschen Filmakademie. Da komme ich nie rein, denn die Mehrheit da wählt Filme aus, die erfolgreich waren. Keiner schaut sich alle Filme vorher an. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe das vor zwei Jahren - weil ich eine dreifache Lungenentzündung hatte und sowieso nur im Bett lag - einmal gemacht. Ich fühle mich umzingelt von immer neuen Fortschritten, die für mich nur Restriktionen sind.
Deshalb bin ich in meinen Garten gegangen, habe zwei Oleanderbüsche, die dort im Rasen gestanden haben, wieder ausgegraben und die Büsche mit Erde in Plastiksäcke getan. So können sie überwintern, brauche keine Töpfe und sie wachsen und blühen besser als ihre Topfkollegen.

24.11.10   Mein Auto hat jetzt Winterreifen. Alle meine Oleanderbüsche sind seit heute winterfest untergebracht. Das hätte ich natürlich schon früher machen können, aber jeder Tag im Freien verkürzt ihre "Gefängniszeit" (etwas anderes ist das ja nicht). Ich kann nur beten, dass mein operiertes Knie dabei keinen Schaden genommen hat. Jetzt tut es jedenfalls nicht weh.

Draußen ist es schon fast dunkel. Da kommt die Post und bringt mir einen Andruck des Plakats von "DAS ROTE ZIMMER". Ich befestige es mit Hammer und Nägeln an der Stalltür, an der ich vor einem Jahr das PINK-Plakat befestigt hatte. Danach - am 25. Januar - bin ich in den Wald gegangen und habe es an allen möglichen Bäumen aufgehängt, um zu sehen, wie es wirkt.
25.11.10   Bevor ich heute morgen zu meiner Reifenfirma nach Dahme gefahren bin, um meinem Auto wieder Winterreifen anzuziehen, musste ich gut hiermit 15 Minuten alle Scheiben sauber kratzen.

Wer weiß, vielleicht drehe ich nochmal, nach 2013 - denn in 2012 will ich in Kairo drehen - einen Film im deutschen Winter. Dann müssen diese beiden Scheibenkratzer darin vorkommen. Ich werde sie nicht mehr benutzen und sie irgendwo lagern. Sie sind in der Realität sowieso nicht besonders gut, jedenfalls aber Rot und Blau.
Danach habe ich mir in Berlin die Fäden von meine Knie-OP herausziehen lassen und mich bei meinem Arzt beklagt, dass es manchmal immer noch weh tut. Er hat gesagt, dass es noch ca. drei Monate dauern wird, bis sich alles wieder normal anfühlen wird und dass ich mich noch immer vorsichtig bewegen soll. Ich habe ihm nicht gesagt, dass meine Knie-OP inzwischen für die ganze Welt auf Vimeo zu sehen ist.
26.11.10   Ekkehard Knörer holt sich bei mir sieben DVD's meiner Filme ab. Ich fange an, mir die letzten beiden Filme von Hong Sang-soo, die auf der Viennale gelaufen sind, anzuschauen. Danke an Katja Wiederspahn für die beiden Presse-DVD's. Zuerst "Ha ha ha".



Beim Anblick der Bedienung in einem Restaurant denkt dieser Mann laut.

Am Anfang zumindest wechselt "Ha ha ha" zwischen Farbe und Schwarweiß. Wie beides zusammenhängt, verstehe ich noch nicht.
27.11.10  

Erst beim zweiten Sehen kapiere ich die ganze erzählerische Vertrackheit von "Ha ha ha". Wie andere das bei einem einmaligen Sehen nachvollziehen können, ist mir ein Rätsel. Vielleicht ist das Sehen im Kino leichter, weil da die englischen Untertitel besser lesbar sind und dieses blöde "Sample" nicht dauernd zu sehen ist. Außerdem muss ich ganz offen zugeben, dass es mir am Anfang schwer fällt, die Personen auseinanderzuhalten. Für die Augen eines Europäers, sehen zunächst Koreaner alle mehr oder weniger gleich aus. Da hilft es schon sehr, wenn einer der Männer, so wie hier, immer eine Brille trägt. Auch die farbigen Kostüme sind da, bei mir zumindest, ein Unterscheidungsmerkmal. Ich hoffe, die Feststellung dieser Schwierigkeit wird mir nicht als Rassismus ausgelegt.

Mit Gudrun Max und Karlheinz Oplustil mache ich heute das Interview für's Presseheft von "DAS ROTE ZIMMER". Das Interview dauert zweieinhalb Stunden. Wir haben es mit meinem Spezialmikrofon H2 digital als mp3-Datei aufgenommen und diesmal hat alles geklappt. Bei "PINK", vor zwei Jahren, haben wir auch so lange geredet und hinterher festgestellt, dass das Gerät nicht aufgenommen hat. Wir mussten damals das ganze Interview wiederholen. Das war schrecklich. Heute ist alles gutgegangen und wir hatten alle drei hinterher das Gefühl, dass es sehr gut geworden ist. Für mich sind Interviews immer dann gelungen, wenn mir beim Beantworten der Fragen etwas einfällt, was ich selbst vorher nicht gewusst oder gedacht habe. Heute war das öfters der Fall. Karlheinz Oplustil hat diesmal bei "DAS ROTE ZIMMER" einen Bezug zu meinem Kurzfilm von 1967 "GALAXIS" festgestellt und mich damit völlig überrascht. Das war mir weder beim Schreiben, noch beim Drehen und auch beim Schneiden nicht bewusst. Spätestens zum 21. Dezember wird das Interview online abrufbar sein. Jetzt muss es erstmal abgetippt und dann auch noch redigiert werden. Vielleicht wird es sogar noch ein gedrucktes Presseheft zum Film geben? Für die Presse wäre das allerdings zu spät, aber wenn ich es an der Kinokasse als Programmheft - wie beim Theater - verkaufen lassen würde, was ich bei den ersten Presseheften von Prometheus gemacht habe, könnte ein Teil der Druckkosten wieder rein kommen. Ich bin leider gezwungen, mit äußerster Sparsamkeit "DAS ROTE ZIMMER" ins Kino zu bringen. Mit dem Marketingaufwand von Hollywoodfilmen kann ich sowieso nicht konkurrieren. Auch nicht mit dem Marketingaufwand von vertriebsgeförderten deutschen Filmen. Für Minibeträge ist mir der Aufwand, den ich dann über Jahre in Form von halbjährlichen Abrechnungen machen müsste, zu aufwändig. Ich bin ganz allein auf Mundpropaganda angewiesen.
Würde "DAS ROTE ZIMMER" im Kino, nur durch Mundpropaganda ein Erfolg, würde der Film beweisen, dass auch heute noch das, was die Branche "Sleeper" nennt, möglich ist.

28.11.10   Nochmal zurück zu "Ha Ha Ha": Zwei Männer treffen sich in einem Gasthaus in den Bergen. Der eine ist Filmregisseur, hat aber noch keinen Film gemacht. Der andere, mit Brille, wird irgendwann im Film mal Professor genannt. Sie waren zusammen im Sommer zur selben Zeit in Tongyeong, einer Stadt an der koreanischen Südküste und erzählen sich abwechselnd, was sie dort erlebt haben. Das ist die Gegenwart, von der aus der Film erzählt wird. Sie wird nicht gefilmt, sondern nur mit einer Reihe von Schwarzweißbildern dargestellt. Was man dann in Farbe sieht, könnten Rückblenden sein, sind es aber nicht. Das was Hong Sang-soo als Film erzählt - die Liebes- und Trinkabenteuer seiner beiden Helden - wird durch die immer wieder gemachten Kommentare sozusagen "durchsichtig". Die beiden Zeitebenen verschmelzen zu einer neuen, hochartifiziellen Gegenwart. Die dadurch noch komplizierter wird, weil die Kommentare der beiden Männer so eingesetzt sind, als hätten sie die Bilder, die wir sehen, auch diekt vor sich. Sie erzählen sich ihre Geschichten nicht mit Worten, sondern mit Filmszenen. Ganz einfach so, als ob so etwas schon ginge. Man hat manchmal das Gefühl, als säße man in einem Science-Fiction-Film.

Der Regisseur lernt im historischen Museum eine Fremdenführerin kennen.

Der Professor mit der Brille hat Depressionen und muss immer wieder dagegen Pillen schlucken.

Der Hauseingang der Fremdenführerin.

Der Filmregisseur hat zum ersten Mal in seinem Leben ein Gedicht geschrieben und schenkt es der Fremdenführerin.

Das ist einer der Off-Texte des Filmregissers, der nur gesprochen werden kann, wenn derjenige der spricht, auch das Bild dazu sieht.

Die beiden treffen sich zufällig im Café. Sie reden lange und trinken keinen koreanischen Schnaps (der aus den kleinen grünen Flaschen).

Hier macht die Erzählung einen Zeitsprung. Die beiden müssen doch aus den grünen Flaschen getrunken haben, denn die Fremdenführerin ist inzwischen betrunken.

Nachdem sie miteinander geschlafen haben, ist die Fremdenführerin glücklich.

Sie sagt ihm, dass sie ihn liebt. Und er will sie heiraten.

Und das ist der Off-Kommentar des Filmregisseurs dazu.
29.11.10   Heute habe ich "Oki's Movie", den letzten und vielleicht für mich besten Film von Hong Sang-soo gesehen. Ich war manchmal fassunglos angesichts seiner erzählerischen Kühnheit. Aber auch wegen seiner Schönheit. Wenn ich noch wie früher als Filmkritiker Punkte vergeben könnte, würde ich diesem Film fünf Sterne geben und ein Plus-Zeichen: absoltutes Meisterwerk. Morgen schreibe ich darüber mehr. Heute ging das nicht, denn ich habe meinen ältesten und besten Freund besucht, der sehr krank ist. Das war wirklich wichtiger für mich. Aber ich will meine Hong Sang-soo- Seite im Moana-Blog morgen abschließen, damit im Dezember in meinem Blog wieder ein bisschen Alltag einkehren kann.
30.11.10  

Meinen Vormittag verbringe ich mit der Ferigstellung des Trailers von "DAS ROTE ZIMMER" bei Trick-Wilk. Es ist wie immer ein außerordentliches Vergnügen Thomas Wilk bei der Arbeit zuzusehen. Danach bin ich bei The Post Republic und hole meine Festplatten ab. Die Bluray Disk für die FBW war leider noch nicht fertig.
Beim Autofahren durch das eisigkalte Berlin muss ich immer wieder an "Oki's Movie" denken.
Beim ersten Sehen, hatte ich Probleme mit der Presse-DVD der Viennale. Irgendwann fing das Bild an zu Ruckeln und sprang dann zurück auf Anfang. Dann kam ich auf die Idee, die DVD mit einem BluRay-Player abzuspielen. Da lief der Film vom Anfang bis zum Ende einwandfrei. Und auch das Bild war sehr viel schöner.
Was mich an diesem Film auf Anhieb begeistert hat, war seine absolute Einfachheit.
Vier Filme mit vier verschiedenen Titeln (A Day for Chanting, King of Kiss, After the Snowstorm und Oki's Movie). Vor allem der letzte dieser vier Filme hat mich umgehauen, weil da alles, was vorher gezeigt wurde, als Film der weiblichen Hauptdarstellerin Oki - aus ihrer Perspektive - über ihre komplizierte Beziehung zu zwei Männern, die man vorher in den andreren Filmen gesehen hat, erzählt und mit ihrer Off-Stimme reflektiert wird. Das ist genial!
"Oki's Movie" ist als Film wie ein Lebewesen von einem anderen Stern. Auf den ersten Blick kann man seine Gestalt sehen, aber alles was darin verborgen ist, erschließt sich nur teilweise. Auch beim zweiten Sehen bleiben Szenen übrig, die nicht zu entschlüsseln sind. Sie wirken wie Einschlüsse in Bergkristallen. Der erste Film zeigt Jingu, den männlichen Hauptdarsteller mit seiner Frau (ob das Oki ist, weiß ich nicht), verheiratet und als Professor in der Filmabteilung einer Universität. Seine Frau will nicht, dass er raucht und schon gar nicht dass er trinkt, macht ihm also das Leben schwer - was normal ist in einer Ehe. Dann gibt es Szenen aus seinem Berufsleben als Filmprofessor und am Ende ein Publikumsgespräch, das unglaublich ist. Eine Frau im Publikum sagt, dass sie ihm eine persönliche Frage stellen will, wirft ihm aber vor, dass er mit ihrer Freundin, die vor vier Jahren seine Schülerin war, deren Leben zerstört hat, weil er mit ihr geschlafen hat.
Der zweite Film, "King of Kiss" zeigt Jingu als Filmstudenten. Sein Studentenfilm soll auf einem internen Hochschulfestival den ersten Preis gewonnen haben. Das interessiert ihn nicht so besonders. Er interessiert sich für eine Kommillitonin, Oki. Die hat allerdings eine Liebesbeziehung zu einem älteren Professor, der für beide zuständig ist. Er kriegt sie trotzdem rum.
Im dritten Film "After the Snowstorm" sind beide, Oki und Jingu allein mit ihrem Professor in einem Seminarraum und dürfen ihn alles, was für sie im Leben wichtig ist, fragen, weil wegen des Schneesturms kein anderer Student gekommen ist. Die Szene erinnert an Anna Karinas Gespräch mit einem Philosophen in "Vivre sa vie" von Godard. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Hong Sang-soo diese Godard-Szene vor Augen hatte. Ich habe auch immer wieder davon geträumt, etwas Ähnliches zu machen.
Dann kommt der vierte Film. Ein Film der Filmstudentin Oki. Sie versucht, ihre Beziehung zu ihrem Professor und zu Jingu filmisch miteinander zu vergleichen. Sie geht mit beiden auf einen Berg und zeigt, was der "alte Mann" gemacht und gesagt hat und ineinander geschnitten, wie der "junge Mann" sich verhalten hat.
Mein Gott, schöner kann Kino nicht sein.
Jingu mit seinem Ober-Professor.

Jingu trifft ein Mädchen, das ihn fotografiert hat.

Beim Publikumsgespräch

Oki und ihr Professor

Jingu und Oki



Das sagt Jingu



Trotz dieses Super-Kusses geht es nicht weiter zwischen den beiden.
Viel später nach diesem langen Kuss, sitzt er vor ihrem Haus, hat getrunken und ist dabei eingeschlafen. Sie sagt ihm, dass er in ihre Wohnung kommen soll, um sich aufzuwärmen.

Ist ja logisch, wie das am besten geht.
Danach beginnt der vierte Film, den jetzt Oki gedreht hat und der wie Hong Sang-soos Film "Oki's Movie" heißt.





Eine unglaubliche Szene mit Oki's altem Professor , wo er vorschlägt, dass sie an diesem Ort, wenn sie durch irgendwelche Umstände getrennt werden, sich hier am ersten Januar wiedertreffen können. Mehr will ich nicht erzählen, denn das ist herzergreifend. Obwohl es nur Oki's Film im Film von Hong Sang-soo ist.


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